Donnerstag, 29. Dezember 2005

Tatsachen sind gnadenlos

Ein Telefonat, eine niederschmetternde Nachricht und eine Starre hält mich fest. Die Tatsache wird sicher erst in den nächsten Tagen mein Bewußtsein erreichen.

"Wir kennen uns schon seit der Schulzeit und die ist schon sehr lange her. Aber irgendwie sieht man den anderen so, als wäre er noch das Schulkind von damals.

Das Leben nach der Schulzeit lief weiter, jedes in seinen Bahnen, jedes in seiner Familien. Der Zufall wollte es, das zwei meiner ehemaligen Mitschüler das nette Nachbarehepaar von neben an waren. Nebenan? Nein, so ganz stimmt das nicht. Sie waren die Nachbaren meiner Schwester und das schon mehr als 20 Jahre.

Deshalb verloren wir uns nie aus den Augen und ein kleiner Einblick in das Familienleben des anderen war über den übliche Klatsch mit und über Nachbaren möglich.

In einer Kleinstadt bleibt nichts geheim, alles was von der Norm abweicht, wird weiter getuschelt und von Nachbaren zu Nachbaren getragen.

Über diesen Flüsterkanal geht schon seit 20 Jahren die Dauerschlagzeile über die netten Nachbaren vo nebenan um. "Er hat eine andere. Er schläft mit der alleinstehenden Geschiedenen von gegenüber" Ganz Neugierige halten Nachtwache am Fenster und sehen die Bestätigung, er kommt im Morgengrauen aus dem Haus der Geschiedenen, schleicht sich über die Straße und verschwindet in seinem Haus zu seiner Frau.

Dann wird die Geschiedene zur Freundin des Hauses, sie sitzt mit ihm gemeinsam auf dem Sofa, während seine Frau die Gäste unterhält. Nach Jahren wachsen die alleinstehende Geschiedene und die Ehefrau irgendwie so zusammen, sie erscheinen fast überall nur noch zu dritt.

Dann kommt die nächste Schlagzeile in den Flüsterkanal von Klatsch und Tratscht. "Er hat noch eine Neue. Wieder eine Alleinstehende" Sie ist seine Dritte? Er hat eine geheime Dritte und erscheint mit den ersten beiden Frauen weiter in der Öffentlichkeit.

Die wahre Ehefrau zeigt sich gefaßt und stark. Niemand, aber auch niemand kann erkennen, wie die Ehefrau damit umgeht. Immer freundlich, immer nett, immer in Fassung.

Alle bewundern sie, sie ist so stark.

Dann plötzlich schwindet die Stärke, nur die Fassung hält sie zusammen. Die erste Krankheit geht an die Substanz, die Ärzte besiegen die Gefahr, sie ist gerettet.

Das Spiel geht weiter, die Zweite und Dritte bleiben im Schatten ihrer Ehe. Der Schatten ist schwarz und tief und es scheint, als wäre eine Fallgrube in der Finsternis zu erkennen.

Aber das Leben geht weiter und der Kompromiss tut es auch. Das zerrt an den Nerven und doch ihr Format hält alles zusammen.

Dann sinken die Knie, sie sinkt in die Knie. Die Ärtze, sie geben ihrer bestes und vertreiben noch einmal das achtbeinige Wesen, dass mit seiner scharfen Krebsschere nach ihr Ausschau gehalten hatte. Nach einmal davon gekommen und wieder zu Haus.

Das Spiel geht weiter. Die Schatten der Ehe sind nicht gewichen. Sie halten sich hartnäckig und kleben wie Schleim am Mann. Er kann dem Schleim nicht wiederstehen und klebt fest.

Seine Frau? Sie kämpft schon lange nicht mehr gegen die "Schnecken" sondern nur noch gegen den Krebs. Er hat sich vermehrt und tut dies noch weiter. Ihre Scheren sind geschärft, die Krebse gehen in einen rasanten Wettlauf mit der Zeit und den Ärzten.

Die Zeit ist um, die Ärtze haben es nicht geschafft, sie hat verloren.

Heut war ihre Kraft zu Ende, meine ehemalige Mitschülerin, eine Ehefau, eine Mutter, eine Oma - eine liebevolle Hebamme, die viele Kindern mit warmen Herzen auf die Welt gebracht.

Ihr warmes Herz? Jetzt schlägt es nicht mehr....

LaWe

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